Lottogewinn fällt in Zugewinnausgleich

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Rechtsfrage entschieden, ob ein von einem Ehegatten in dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags gemachter Lottogewinn im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen ist.

Die Beteiligten schlossen im Juli 1971 die Ehe, aus der drei mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen sind. Sie trennten sich im August 2000. Spätestens seit dem Jahr 2001 lebt der Antragsgegner mit seiner jetzigen Partnerin zusammen. Im November 2008 erzielte er zusammen mit seiner Lebensgefährtin einen Lottogewinn von insgesamt 956.333,10 €. Auf den der Antragstellerin am 31. Januar 2009 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe durch Verbundurteil vom 23. Oktober 2009 rechtskräftig geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und der Antragsgegner zur Unterhaltsleistung an die Antragstellerin bis März 2014 verpflichtet. Im vorliegenden Verfahren verlangt die Antragstellerin Zugewinnausgleich in Höhe von insgesamt 242.500 € unter Berücksichtigung der Hälfte des auf den Antragsgegner entfallenden Anteils an dem Lottogewinn. Das Amtsgericht hat den Lottogewinn bei der Berechnung des Endvermögens des Antragsgegners berücksichtigt und dem Antrag der Antragstellerin in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert, den Antragsgegner lediglich zur Zahlung von knapp 8.000 € verurteilt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin den Beschluss des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Entscheidung des Amtsgerichts wiederhergestellt.

Für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Zugewinnausgleich war im vorliegenden Fall zum einen von Bedeutung, ob der vom Antragsgegner erzielte Lottogewinn als privilegiertes Anfangsvermögen entsprechend § 1374 Abs. 2 BGB bei der Berechnung des Zugewinns unberücksichtigt bleibt. Der Bundesgerichtshof hat im Anschluss an seine frühere Rechtsprechung entschieden, dass ein während der Zeit des Getrenntlebens von einem Ehepartner erzielter Lottogewinn nicht in entsprechender Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB als privilegierter Vermögenszuwachs angesehen werden kann, schon weil diesem Vermögenserwerb keine der Erbschaft oder Schenkung vergleichbare persönliche Beziehung zugrunde liegt.

Zum anderen musste der Bundesgerichtshof klären, ob der Antragsgegner die Zahlung des Zugewinnausgleichs wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1381 Abs. 1 BGB verweigern kann. Dies hat der Bundesgerichtshof verneint. Allein eine längere Trennungszeit der Ehegatten im Zeitpunkt des Vermögenserwerbs begründet noch keine unbillige Härte der Ausgleichspflicht. Gleiches gilt für den Umstand, dass der durch den Lottogewinn erzielte Vermögenszuwachs keine innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft hat, weil das Recht des Zugewinnausgleichs, abgesehen von den in § 1374 Abs. 2 BGB genannten Ausnahmen, bewusst nicht nach der Art des Vermögenserwerbs unterscheidet. Auch eine Gesamtschau dieser beiden Umstände führt nicht zur Annahme einer groben Unbilligkeit, zumal die Ehe der Beteiligten bei der Trennung bereits 29 Jahre bestand und aus der Ehe drei Kinder hervorgegangen sind.

Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:

§ 1374 Anfangsvermögen

(1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört.

(2) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.

§ 1375 Endvermögen

(1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.

§ 1378 Ausgleichsforderung

(1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.

§ 1381 Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit

(1) Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre.

(2) Grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat.

§ 1384 Berechnungszeitpunkt des Zugewinns und Höhe der Ausgleichsforderung bei Scheidung

Wird die Ehe geschieden, so tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags.

Beschluss vom 16. Oktober 2013 – XII ZB 277/12

AG Mönchengladbach – 39 F 232/10 – Beschluss vom 29. Juni 2011

OLG Düsseldorf – II-5 UF 183/11 – Beschluss vom 9. Dezember 2011

Karlsruhe, den 16. Oktober 2013

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Anfechtung der Vaterschaft durch den sogenannten biologischen Vater auch im Fall der Samenspende

Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsfrage entschieden, ob auch ein Samenspender als sog. biologischer Vater die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes anfechten kann.

Der Kläger und die Mutter des Beklagten zu 2 leben jeweils in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Der 2008 geborene Beklagte zu 2 ist durch eine von seiner Mutter selbst vorgenommene Insemination mit Samenflüssigkeit des Klägers, die dieser ihr in einem Gefäß übergeben hatte, gezeugt worden. Ob der Kläger nach der Vorstellung der Beteiligten später die väterliche Verantwortung übernehmen sollte oder ob von vornherein eine Stiefkind-Adoption durch die Partnerin der Mutter beabsichtigt war, wird von den Parteien unterschiedlich dargestellt. Eine nach der Geburt abgegebene Anerkennung der Vaterschaft durch den Kläger ist wegen unterbliebener Zustimmung der Mutter nicht wirksam geworden. Stattdessen hat der Beklagte zu 1 – mit Zustimmung der Mutter – die Vaterschaft anerkannt. Zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Kind (Beklagter zu 2) besteht unstreitig keine sozial-familiäre Beziehung.

Der Kläger hat als sogenannter biologischer Vater die Vaterschaft des Beklagten zu 1 angefochten. Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Beide Beklagten haben gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision eingelegt.

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB steht die Anfechtung der Vaterschaft auch dem Mann zu, der an Eides statt versichert, der Mutter in der Empfängniszeit „beigewohnt“ zu haben. Der Begriff der Beiwohnung schließt eine Anfechtung der durch eine Samenspende entstandenen Vaterschaft nicht aus. Vielmehr gebieten Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung eine Anwendung der Vorschrift auch bei einer ohne Geschlechtsverkehr möglichen leiblichen Vaterschaft des Anfechtenden, wenn der Zeugung des Kindes keine Vereinbarung im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB vorausgegangen ist. Die Anwendung der Vorschrift wird dadurch erforderlich, dass nur so der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Zugang des biologischen Vaters zur rechtlichen Vaterschaft ermöglicht wird. Ein in den Gesetzesberatungen verhandelter Ausschluss des Samenspenders von der Anfechtung betrifft nur Fälle der sogenannten konsentierten heterologen Insemination im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB, bei der aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung aller Beteiligten von vornherein klar ist, dass ein anderer Mann rechtlicher Vater werden soll. Damit ist ein Gleichlauf der Anfechtungsrechte des biologischen Vaters und der rechtlichen Eltern gewährleistet.

Der Wunsch der Mutter, dass auch ihre Lebenspartnerin die Elternstellung erlangen soll, ist nur durch eine Adoptionzu erreichen. Dagegen stellt die Anerkennung durch einen anderen Mann, der die Elternstellung nicht anstrebt, einen Missbrauch des Elternrechts dar, welcher durch die gesetzlich vorgesehene Anfechtung des leiblichen Vaters verhindert werden soll.

Die maßgebliche Norm lautet:

§ 1600 BGB Anfechtungsberechtigte

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1. der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,

2. der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(5) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

Urteil vom 15. Mai 2013 – XII ZR 49/11

AG Köln – 315 F 226/09 – Urteil vom 11. August 2010

OLG Köln – 14 UF 160/10 – Urteil vom 17. Mai 2011

Karlsruhe, den 15. Mai 2013

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Sorgerecht – Voraussetzungen für einen Aufenthaltswechsel des Kindes (hier von Deutschland nach Frankreich)

Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat hat eine Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben, mit der dieses das alleinige Sorgerecht für das bisher bei seiner Mutter in Deutschland lebende Kind auf den in Frankreich lebenden Vater übertragen hat.

Die nicht miteinander verheirateten Eltern streiten um das alleinige Sorgerecht für ihre im Oktober 2002 geborene, jetzt achtjährige Tochter. Die Mutter besitzt die deutsche, der Vater die französische Staatsangehörigkeit. Zur Zeit der Geburt des Kindes lebten die Eltern in Frankreich. Kurz nach der Geburt trennten sie sich, und die Mutter kehrte mit dem Kind nach Deutschland zurück, wo das Kind seither lebt und zur Schule geht. Beide Elternteile übten die elterliche Sorge zunächst einverständlich gemeinsam aus.

In der Folge kam es zum Streit um das Recht zum Umgang, das Recht, wer das Kind einschulen darf, und schließlich um das Sorgerecht.

Das Amtsgericht hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen. Das Oberlandesgericht hat nach Austausch des Verfahrenspflegers und ohne Anhörung des Kindes dem Vater das alleinige Sorgerecht übertragen und in seinem – der Mutter am 26. August 2010 zugestellten Beschluss – angeordnet, dass sie das Kind bis zum 29. August 2010 an den in Frankreich lebenden Vater herauszugeben habe.

Die von der Mutter hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte Erfolg und führte zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an einen anderen Spruchkörper.

Der Senat hat – nach Aussetzung der vom Oberlandesgericht angeordneten sofortigen Vollziehung der Entscheidung – u.a. beanstandet, dass das Oberlandesgericht die vermeintlich bessere Erziehungseignung des Vaters, auf die es seine Entscheidung maßgeblich gestützt hat, nicht nachvollziehbar begründet hat.

Rechtsfehlerhaft ist auch, dass das Oberlandesgericht das Kind nicht angehört hat. Die alleinige Zuweisung der elterlichen Sorge an den Vater hat für das Kind erhebliche Auswirkungen, weil sie mit einem Umzug des Kindes nach Frankreich und damit mit einem gravierenden Wechsel seiner bisherigen Lebensumstände einhergeht. Daher ist es unverzichtbar, dass das nach seinem Entwicklungsstand schon verständige Kind durch das erkennende Gericht selbst angehört wird. Hinzu kommt, dass alle mit dem Kind in diesem Verfahren befassten Personen, die das Kind selbst angehört haben, also der Amtsrichter, die Verfahrenspfleger und der Sachverständige übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt sind, dass das Kind bei der Mutter bleiben sollte.

Auf verfahrensrechtliche Bedenken stieß auch, dass das Oberlandesgericht die Verfahrenspflegerin, die das Kind seit längerer Zeit auch aus dem Beschulungs- und Umgangsrechtsverfahren kannte und in das umfangreiche Verfahren eingearbeitet war, kurz vor Abschluss des Verfahrens durch einen anderen Verfahrenspfleger ersetzt hat.

Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:

§ 1671 BGB

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt.

(2) Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1. …

2. zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

§ 50 b FGG (in der bis Ende August 2009 geltenden Fassung)

(1) Das Gericht hört in einem Verfahren, das die Personen- oder Vermögenssorge betrifft, das Kind persönlich an, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind oder wenn es zur Feststellung des Sachverhalts angezeigt erscheint, dass sich das Gericht von dem Kind einen unmittelbaren Eindruck verschafft.

§ 50 FGG (in der bis Ende August 2009 geltenden Fassung)

(1) Das Gericht kann dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.

(2) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,

Beschluss vom 16. März 2011 – XII ZB 407/10

AG Potsdam – 43 F 106/09 – Beschluss vom 4. Juni 2010

OLG Brandenburg – 15 UF 77/10 – Beschluss vom 23. August 2010

Karlsruhe, den 1. April 2011

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über eine Klage von Schwiegereltern zu befinden, die ihrem Schwiegerkind einen erheblichen Geldbetrag zugewandt hatten und diesen nach dem Scheitern der Ehe ihres Kindes zurückverlangten. Nach dem Urteil des XII. Zivilsenats ist eine Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen nunmehr unter erleichterten Voraussetzungen möglich.

Die Tochter der Kläger und der Beklagte lebten seit 1990 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Im Februar 1996, als sie ihre Eheschließung bereits in Aussicht genommen hatten, ersteigerte der Beklagte eine Eigentumswohnung. Im April 1996 überwiesen die Kläger auf das Konto des Beklagten 58.000 DM. Im Mai 1996 überwies der Beklagte von seinem Konto an die Gerichtskasse rund 49.000 DM auf den Gebotspreis.

Ab Herbst 1996 lebten der Beklagte und die Tochter der Kläger mit ihrem gemeinsamen, 1994 geborenen Kind in dieser Wohnung. Im Juni 1997 schlossen sie die Ehe, aus der 1999 ein zweites Kind hervorging. 2002 trennten sich die Eheleute. Im Scheidungsverfahren schlossen sie im Jahre 2004 den Zugewinnausgleich aus. Inzwischen ist die Ehe rechtskräftig geschieden. Die Wohnung steht bis heute im Alleineigentum des Beklagten.

Die Kläger verlangen nunmehr von dem Beklagten insbesondere die Rückzahlung der überwiesenen 58.000 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg. Zur Begründung der Klagabweisung stützte sich das Berufungsgericht auf die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats.

Die Revision der Kläger hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berfungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Wenn Schwiegereltern dem Ehepartner ihres leiblichen Kindes mit Rücksicht auf dessen Ehe mit ihrem Kind und zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens Vermögensgegenstände zuwandten, kam nach bisheriger Senatsrechtsprechung zwischen den Beteiligten regelmäßig ein Rechtsverhältnis eigener Art zustande, das mit den (ehebezogenen) „unbenannten Zuwendungen“ unter Ehegatten vergleichbar war. Ihre Zuwendungen konnten die Schwiegereltern grundsätzlich nicht zurückfordern, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest. Vielmehr sind derartige schwiegerelterliche Leistungen als Schenkung zu qualifizieren. Sie erfüllen sämtliche Tatbestandsmerkmale einer Schenkung: Übertragen Schwiegereltern einen Vermögensgegenstand auf das Schwiegerkind, geschieht dies regelmäßig in dem Bewusstsein, künftig an dem Gegenstand nicht mehr selbst zu partizipieren.

Auf schwiegerelterliche ehebezogene Schenkungen bleiben die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar: Die Geschäftsgrundlage solcher Schenkungen ist regelmäßig, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen Kind und Schwiegerkind fortbesteht und das eigene Kind somit in den fortdauernden Genuss der Schenkung kommt. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt diese Geschäftsgrundlage. Dadurch wird im Wege der richterlichen Vertragsanpassung die Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung eröffnet.

Dies gilt abweichend von der bisherigen Rechtsprechung auch dann, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Die Rückabwicklung der Schenkung hat grundsätzlich unabhängig von güterrechtlichen Erwägungen zu erfolgen.

Als Konsequenz der geänderten Senatsrechtsprechung ist damit zu rechnen, dass Schwiegereltern, die ihrem Schwiegerkind Vermögenswerte zugewandt haben, künftig häufiger als bisher mit Erfolg eine Rückabwicklung dieser Zuwendung begehren.

Ist das eigene Kind allerdings einen längeren Zeitraum in den Genuss der Schenkung gekommen (zum Beispiel durch das Leben in einer geschenkten Wohnung), kommt regelmäßig nur eine teilweise Rückzahlung in Betracht. Wenn die Eltern dies vermeiden und den gesamten geschenkten Wert nur dem eigenen Kind zugute kommen lassen wollen, müssen sie ihr Kind direkt beschenken.

Urteil vom 3. Februar 2010 – XII ZR 189/06

LG Berlin – 22 O 234/05 – Urteil vom 4. November 2005

KG Berlin – 22 U 195/05 – Urteil vom 25. Oktober 2006

Karlsruhe, den 4. Februar 2010

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Splittingvorteil aus neuer Ehe beim Unterhalt für Kinder aus erster Ehe

Der Vorrang des Unterhalts minderjähriger Kinder gegenüber Ehegatten gilt auch im Mangelfall für das gesamte verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen und schließt den Splittingvorteil aus dessen neuer Ehe ein.

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit grundlegenden Fragen des Kindesunterhaltsrechts zu befassen, die im Zusammenhang mit den am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen im Unterhaltsrecht größere Bedeutung erlangt haben.

Zu entscheiden war über einen sog. Mangelfall. Das Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters reichte nicht aus, um den Unterhalt seiner Kinder aus erster Ehe, seiner geschiedenen Ehefrau und – nach Wiederverheiratung – auch seiner neuen Ehefrau sicherzustellen. Die erste Ehe war im Jahr 2001 geschieden worden. In der Folgezeit wurde der Unterhalt der geschiedenen Ehefrau und der drei Söhne (geb. 1990, 1994 und 1999) vom zuständigen Familiengericht zuletzt im Jahr 2003 festgesetzt. Weil das Einkommen des Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt aller Berechtigter nicht ausreichte, lagen die festgesetzten Unterhaltsbeträge für die Kinder (58 € für den ältesten Sohn und 49 € bzw. 41 € für die beiden jüngeren Söhne) unterhalb des Existenzminimums.

Die geschiedene Ehefrau und die drei Söhne verlangten eine Erhöhung des Unterhalts und machten geltend, dass frühere Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen inzwischen weggefallen seien. Der Unterhaltspflichtige wandte sich dagegen und begehrte seinerseits den vollständigen Wegfall des Unterhalts. Er berief sich unter anderem darauf, dass er durch einen Arbeitsplatzwechsel und den Umzug zu seiner (jetzigen) Ehefrau nicht mehr leistungsfähig sei. Der Splittingvorteil aus der neuen Ehe (rund 250 €) könne nicht berücksichtigt werden, sondern sei mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der neuen Ehe vorzubehalten.

Das Amtsgericht ordnete den vollständigen Wegfall des Unterhalts an. Das Oberlandesgericht verringerte den Unterhalt auf monatlich 20 € pro Kind. Es berücksichtigte das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nur insoweit, wie es sich – ohne Splittingvorteil – bei (fiktiver) Einzelveranlagung des Unterhaltspflichtigen ergeben würde.

Der XII. Zivilsenat des BGH ist dem nicht gefolgt. Er hatte bereits in anderen Fallgestaltungen entschieden, dass der Unterhaltsbedarf eines Kindes unter Berücksichtigung des gesamten Einkommens seines Vaters einschließlich des in der neuen Ehe erzielten Splittingvorteils zu ermitteln ist.

Im vorliegenden Fall war erstmals zu entscheiden, ob dieser Grundsatz auch in einem Mangelfall gilt, wenn der aus der Wiederverheiratung stammende Splittingvorteil vollständig für den vorrangigen Kindesunterhalt verbraucht wird. Das ist zu bejahen.

Nach den am 1.1.2008 in Kraft getretenen Änderungen im Unterhaltsrecht steht der Kindesunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1609 BGB an erster Rangstelle. Er ist somit allen anderen Unterhaltsansprüchen gegenüber vorrangig. Für den Einsatz des gesamten Einkommens des Unterhaltspflichtigen hat der XII. Zivilsenat eine schon seit dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 unverändert bestehende Gesetzesbestimmung (§ 1603 Abs. 2 S. 1 BGB) herangezogen, wonach Eltern im Mangelfall „alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden“ haben (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Aus dieser Vorschrift ist ursprünglich hergeleitet worden, dass der Unterhaltspflichtige mit seinen Kindern sogar „sein letztes Hemd“ teilen müsse. Die Gesetzesbestimmung ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung dahin einzuschränken, dass dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben muss, wie er benötigt, um sein eigenes Existenzminimum zu sichern (sog. notwendiger Selbstbehalt; derzeit für Erwerbstätige nach Anm. 5 der Düsseldorfer Tabelle 2008: 900 €).

Der XII. Zivilsenat hat nunmehr klargestellt, dass das Einkommen, das über den Selbstbehalt hinausgeht, für den vorrangigen Kindesunterhalt vollständig zur Verfügung stehen muss. Ausnahmen nach dem jeweiligen Sinn und Zweck eines Einkommensbestandteils oder einer Steuervergünstigung sind entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts regelmäßig nicht veranlasst. Zur Begründung hat er vor allem darauf Bezug genommen, dass das Gesetz eine solche Einschränkung nicht vorsieht. Zum Vergleich hat er auf einzelne sozialrechtliche Vorschriften verwiesen, welche zwar Ausnahmen von der Einkommensanrechnung vorsehen, für die gesteigerte Unterhaltspflicht aber dennoch dem Existenzminimum der Kinder ein höheres Gewicht zumessen. Eine gesonderte unterhaltsrechtliche Zuweisung des Einkommensbestandteils an den neuen Ehegatten hat er demzufolge auch dann abgelehnt, wenn der Steuervorteil im Wesentlichen darauf beruht, dass der neue Ehegatte kein oder nur ein geringes steuerpflichtiges Einkommen erzielt und deswegen meistens unterhaltsbedürftig ist.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge nichts anderes, weil diese sich nur auf das Verhältnis von erster und zweiter Ehe beziehe. Würde dagegen der Splittingvorteil ausschließlich für den neuen Ehegattenreserviert, so wirke sich dies auch zulasten der Kinder aus der neuen Ehe aus und liefe auf einen sachwidrigen Gegensatz von Ehe einerseits und Familie (Kinder) andererseits hinaus. Über die Verteilung des verfügbaren Einkommens entscheidet somit nicht dessen Zweckbestimmung im Einzelfall, sondern die in § 1609 BGB gesetzlich angeordnete und vorwiegend am Grad der Bedürftigkeit orientierte Rangfolge.

Eine Einschränkung der Einkommensanrechnung ergibt sich nach dem Urteil allerdings dann, wenn der neue Ehegatte eigenes Einkommen erzielt und die Ehegatten – wie regelmäßig – die Steuerklassen III und V wählen. Dann verlagert sich wegen der ungünstigeren Steuerklasse V das Nettoeinkommen des weniger verdienendenEhegatten auf den mehr verdienenden Unterhaltspflichtigen. In diesem Fall muss auch der neue Ehegatte einen seinem Eigeneinkommen entsprechenden Anteil am Splittingvorteil behalten.

Urteil vom 17. September 2008 – XII ZR 72/06

AG Lingen(Ems) – 21 F 2269/04 – Entscheidung vom 22. November 2005

OLG Oldenburg – 12 UF 154/05 – Entscheidung vom 21. März 2006

Karlsruhe, den 17. September 2008

Vorschriften:

§ 1603 BGB Leistungsfähigkeit

  (1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

  (2) 1Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. 2Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. 3Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

§ 1609 BGB Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,

2.Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,

3.Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,

4.Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,

5.Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,

6.Eltern,

7.weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

§ 1610 BGB Maß des Unterhalts

  (1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

  (2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Lebenslange Unscheidbarkeit der Ehe nach kirchlichem Recht kann im Einzelfall mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes und deutschem ordre public unvereinbar sein.

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über den Scheidungsantrag einer syrischen Staatsangehörigen zu entscheiden. Beide Parteien  auch der Ehemann ist Syrer  lebten seit Jahren getrennt als Asylbewerber in Deutschland und haben eine jetzt zehnjährige Tochter. Der Ehemann gehört einer katholischen, die Ehefrau der syrisch-orthodoxen Kirche an. Sie waren 1993 in Syrien von einem Priester der chaldäischen Kirche getraut worden.

Die Vorinstanzen hatten die Scheidung abgelehnt, weil für die Parteien nach dem hier anzuwendenden syrischen Recht das Ostkirchenrecht maßgeblich sei, nämlich der 1990 von Papst Johannes Paul II. promulgierte Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO). Danach könne die Ehe nicht geschieden werden. Das sei mit der deutschen Rechtsordnung vereinbar, wie der Bundesgerichtshof 1964 in zwei Entscheidungen bestätigt habe. Denn Art. 6 Abs. 1 GG schütze vor allem die bestehende Ehe.

Auf die Revision der Antragstellerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen:

Dieses wird zunächst zu prüfen haben, ob die Ehe der Parteien überhaupt wirksam geschlossen wurde. Das richtet sich, da die Religionszugehörigkeit des Ehemannes nicht eindeutig festgestellt ist, aufgrund der Weiterverweisung des syrischen Kollisionsrechts entweder nach dem CCEO oder nach dem Codex Iuris Canonici (CIC). Fehlt es danach an einer der Wirksamkeitsvoraussetzungen nach kanonischem Recht (etwa, weil die Ehe wie hier vor dem Priester einer Kirche geschlossen wurde, der keine der Parteien angehört), wird es bei der Abweisung des Scheidungsantrages verbleiben müssen, da eine in Wirklichkeit nicht bestehende Ehe nicht geschieden werden kann.

Erweist sich die Ehe als wirksam geschlossen, wird zu prüfen sein, ob zumindest die Ehefrau nach Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention Flüchtlingsstatus hatte. Dann wäre sie im Scheidungsverfahren wie eine Deutsche zu behandeln mit der Folge, daß deutsches Recht anzuwenden ist.

Ist dies nicht der Fall, wird das Oberlandesgericht zu prüfen haben, ob die Anwendung des dann einschlägigen kanonischen Rechts im Einzelfall wegen Unvereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 GG und dem deutschen ordre public außer Betracht bleiben muß.

Insoweit hat der Senat ausgeführt, er halte an seinen vor 42 Jahren ergangenen Entscheidungen nicht mehr fest. Diese seien vor der Eherechtsreform vom 14. Juni 1976 und damit zu einer Zeit ergangen, als eine Ehe auch nach deutschem Recht nur aus Verschulden eines oder beider Ehepartner geschieden werden konnte. Inzwischen habe das Bundesverfassungsgericht mit seiner „Spanierentscheidung“ vom 4. Mai 1971 in Fällen mit Auslandsbezug eine stärkere Beachtung der Grundrechte gefordert und betont, Art. 6 Abs. 1 GG schütze auch die Möglichkeit, durch Scheidung die Freiheit zur Eheschließung wiederzuerlangen.

Auch sei der Begriff des ordre public nicht statisch, sondern folge dem Wandel der elementaren Wertvorstellungen der deutschen und zunehmend auch der europäischen Rechtsgemeinschaft. Dieser Wandel zeige sich auch darin, dass es in Europa, soweit ersichtlich, vor staatlichen Gerichten unscheidbare Ehen inzwischen nur noch in Andorra, Malta und dem Vatikanstaat gebe.

Deshalb könne es sich im Einzelfall als nicht hinnehmbar erweisen, einen Ehegatten gegen seinen Willen an einer unheilbar zerrütteten Ehe lebenslang festzuhalten. Insoweit sei gegebenenfalls auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin sich andernfalls einen erneuten Kinderwunsch nur um den Preis eines Ehebruchs erfüllen könnte und der Tochter endgültig die Chance genommen würde, mit einem neuen Partner ihrer Mutter in einer durch das Institut der Ehe gefestigten Familie aufzuwachsen.

Urteil vom 11. Oktober 2006 – XII ZR 79/04

AG Singen – Entscheidung vom 29.7.2003 – 4 F 30/03 ./. OLG Karlsruhe – Entscheidung vom 23.4.2004 – 5 UF 205/03 (abgedruckt in IPrax 2006, 181)

Karlsruhe, den 12. Oktober 2006

Pressestelle des Bundesgerichtshof 

Zur Wirksamkeit von Eheverträgen bei kinderloser Ehe

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Wirksamkeit einesEhevertrags zu entscheiden. Der 1942 geborene Ehemann und die 1944 geborene Ehefrau hatten 1988 geheiratet; für beide war es die zweite Ehe. Der Ehemann praktizierte bis zu seiner Erwerbsunfähigkeit 1996 als Zahnarzt. Die Ehefrau – eine gelernte Rechtsanwaltsgehilfin – hatte mit ihrem ersten Ehemann zeitweilig ein Bekleidungsgeschäft betrieben und schon vor der Eheschließung gegen Entgelt in der Praxis des Ehemannes kaufmännische Arbeiten übernommen. In einem vor der Heirat geschlossenen Ehevertrag vereinbarten beide Gütertrennung, schlossen den Versorgungsausgleich aus und verzichteten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt. Der Ehemann verpflichtete sich für den Fall der Scheidung, an die Ehefrau für jedes vollendete Ehejahr eine „Unterhaltsabfindung“ in Höhe von 10.000 DM, insgesamt jedoch nicht mehr als 80.000 DM, zu zahlen. Außerdem verpflichtete er sich, ab Rechtskraft der Scheidung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs der Ehefrau für diese Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile nach einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.000 DM zu entrichten, falls die Ehefrau unverschuldet keine Erwerbstätigkeit ausüben könne.

Das Berufungsgericht hatte den Ehevertrag für wirksam und das Versorgungsausgleichsverlangen der Ehefrau für unbegründet erachtet. Der Senat hat die Revision der Ehefrau zurückgewiesen.

Der Senat hatte bereits in einem Urteil vom 11. Februar 2004 – XII ZR 265/02 (siehe dazu Pressemitteilung 12/2004) – die Grundsätze für die Wirksamkeit von Eheverträgen aufgestellt. Diese dürfen den Schutzzweck der gesetzlichen Scheidungsfolgen nicht beliebig unterlaufen. Das wäre dann der Fall, wenn durch den Ehevertrag eine evident einseitige und von der individuellen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten  unter angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten – bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Dabei hat der Tatrichter zunächst  im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle  zu prüfen, ob der Ehevertrag schon im Zeitpunkt seines Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, daß ihm  losgelöst von der künftigen Entwicklung der Lebensverhältnisse  wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung mit der Folge zu versagen ist, daß an seine Stelle die gesetzlichen Regelungen treten.

Das hat der Senat für den vorliegenden Fall verneint. Der vertragliche Ausschluß des Betreuungsunterhalts konnte dabei unberücksichtigt bleiben, da im maßgebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit gemeinsamen Kindern der Parteien nicht mehr zu rechnen war. Auch der Umstand, daß die Ehegatten den Altersunterhalt wegen Alters ausgeschlossen hatten, führt nach Ansicht des Senats hier nicht zu Sittenwidrigkeit. Die Parteien waren im Zeitpunkt der Eheschließung bereits 44 und 46 Jahre alt, mithin in einem Alter, in dem ein nicht unwesentlicher Teil der Altersversorgung üblicherweise bereits erworben ist. Die Ehefrau hatte in der Praxis des Ehemannes – gegen teilweise hohes Entgelt – mitgearbeitet und damit eine eigenständige Altersversorgung erworben; zudem hatte sich der Ehemann verpflichtet, für die Zeit nach einer etwaigen Scheidung den weiteren Ausbau der Altersversorgung der Ehefrau durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sicherzustellen. Auch der Ausschluß des Unterhalts wegen Krankheit rechtfertigt die Annahme der Sittenwidrigkeit nach Ansicht des Senats nicht, da der Ehemann mit dem Ehevertrag eine nacheheliche Verantwortung für die Ehefrau nicht schlechthin abbedungen, sondern lediglich auf eine Kapitalzahlung von 80.000 DM begrenzt hat. Der Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit gehört nicht zum Kernbereich der Scheidungsfolgen; sein Ausschluß war hier auch deshalb unbedenklich, weil ehebedingte Nachteile der Ehefrau, die durch diesen Unterhalt im Einzelfall ausgeglichen werden können, nicht zu erwarten waren.

Die Vereinbarung des Wahlgüterstands der Gütertrennung läßt einen Ehevertrag grundsätzlich nicht sittenwidrig erscheinen. Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs, der – ähnlich wie der Unterhalt wegen Alters – zum Kernbereich der Scheidungsfolgen gehört, war nach Auffassung des Senats namentlich deshalb hinzunehmen, weil die Lebensplanung der Parteien vorsah, daß die Ehefrau aufgrund ihrer versicherungspflichtigen Tätigkeit in der Praxis des Ehemannes auch in der Ehe ihre Altersversorgung weiter ausbauen konnte.

Da der Ehevertrag danach Bestand hatte, war im Rahmen einer sog. Ausübungskontrolle zu prüfen, ob sich der Ehemann gegenüber dem Versorgungsausgleichsbegehren der Ehefrau nunmehr auf den – im Ehevertrag wirksam vereinbarten – Ausschluß dieser Scheidungsfolge nach Treu und Glauben berufen kann. Dies hat der Senat bejaht, da sich die Versorgungssituation der Ehefrau gegenüber den bei Abschluß des Ehevertrags bestehenden Verhältnissen nicht in einer Weise verändert hat, welche die Berufung des Ehemannes auf den Ehevertrag als treuwidrig erscheinen läßt.

Urteil vom 12. Januar 2005 – XII ZR 238/03

AG Freiburg – 45 F 412/02 ./. OLG Karlsruhe in Freiburg – 18 UF 28/03

Karlsruhe, den 14. Januar 2005

Pressestelle des Bundesgerichtshof 

Zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen

Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Wirksamkeit eines notariellen Ehevertrages zu beurteilen.

Die seit 2001 geschiedenen Parteien hatten 1985 geheiratet. Der 1948 geborene Ehemann ist Unternehmensberater; seine sieben Jahre jüngere Ehefrau hatte vor der Ehe ein Hochschulstudium abgeschlossen und war als Archäologin tätig gewesen. 1988, zwei Jahre nach Geburt ihres ersten und rund ein Jahr vor Geburt ihres zweiten Kindes, vereinbarten sie Gütertrennung, schlossen den Versorgungsausgleich aus und verzichteten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme des Unterhalts der Ehefrau wegen Kindesbetreuung. Der Ehemann verpflichtete sich im übrigen, durch laufende Prämienzahlungen für seine Ehefrau auf deren 60. Lebensjahr eine Kapitallebensversicherung mit einer erwarteten Ablaufleistung von rund 172.000 DM zu begründen.

Das Oberlandesgericht hat den Ehevertrag unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen als unwirksam angesehen und der Klage der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt und Auskunft im Rahmen des Zugewinnausgleichs teilweise stattgegeben. Der Senat hat dieses Urteil, soweit es mit der Revision angefochten ist, aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zwecks neuer Feststellungen zurückverwiesen.

Nach Auffassung des Senats steht es Ehegatten grundsätzlich frei, die gesetzlichen Regelungen über den Zugewinn, den Versorgungsausgleich und den nachehelichen Unterhalt ehevertraglich auszuschließen. Allerdings darf der Schutzzweck dieser Regelungen nicht beliebig unterlaufen werden. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die vereinbarte Lastenverteilung der individuellen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse in keiner Weise mehr gerecht wird, weil sie evident einseitig ist und für den belasteten Ehegatten bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Das ist um so eher der Fall, je mehr der Ehevertrag in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.

Insoweit ist eine Abstufung vorzunehmen. Zum Kernbereich gehören in erster Linie der Unterhalt wegen Kindesbetreuung und in zweiter Linie der Alters- und Krankheitsunterhalt, denen der Vorrang vor den übrigen Unterhaltstatbeständen (z.B. Ausbildungs- und Aufstockungsunterhalt) zukommt. Der Versorgungsausgleich steht als vorweggenommener Altersunterhalt auf gleicher Stufe wie dieser selbst und ist daher nicht uneingeschränkt abdingbar. Der Ausschluß des Zugewinnausgleichs schließlich unterliegt – für sich allein genommen – angesichts der Wahlfreiheit des Güterstandes keiner Beschränkung.

Der Tatrichter hat daher in einem ersten Schritt gemäß § 138 Abs. 1 BGB eine Wirksamkeitskontrolle desEhevertrages anhand einer auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse der Ehegatten vorzunehmen, insbesondere also hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und ihres geplanten oder bereits verwirklichten Lebenszuschnitts. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne daß dieser Nachteil durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten gerechtfertigt wird. Ergibt diese Prüfung, daß der Ehevertrag unwirksam ist, treten an dessen Stelle die gesetzlichen Regelungen.

Andernfalls ist in einem zweiten Schritt im Wege der Ausübungskontrolle (§ 242 BGB) zu prüfen, ob und inwieweit die Berufung auf den Ausschluß gesetzlicher Scheidungsfolgen angesichts der aktuellen Verhältnisse nunmehr mißbräuchlich erscheint und deshalb das Vertrauen des Begünstigten in den Fortbestand des Vertrages nicht mehr schutzwürdig ist. In einem solchen Fall hat der Richter die Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in ausgewogener Weise Rechnung trägt.

Der Senat hat die Annahme des Oberlandesgerichts, die von den Eheleuten getroffenen Abreden seien unwirksam, nicht gebilligt. Für einen Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB, Wirksamkeitskontrolle) fehle es an tatsächlichen Feststellungen, insbesondere was die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke, ihre Lebensplanung und ihre sonstigen Beweggründe betreffe. Eine vom Ehemann ausgenutzte Unterlegenheit der Ehefrau sei nicht erkennbar. Für die Zeit der Kinderbetreuung sei der gesetzliche Unterhaltsanspruch der Ehefrau schon nach dem erklärten Parteiwillen nicht ausgeschlossen; für die Zeit nach der Kinderbetreuung könne sich eine – wenn auch nicht notwendig auf den vollen eheangemessenen Unterhalt gerichtete – Unterhaltspflicht des Ehemannes im Wege der Ausübungskontrolle (§ 242 BGB) ergeben. Einer solchen Kontrolle unterliege zwar auch der vereinbarte Ausschluß des Zugewinnausgleichs; die vom Oberlandesgericht hierzu bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigten jedoch nicht die Annahme, daß der Ehemann nach § 242 BGB gehindert werde, sich auf die von den Parteien vereinbarte Gütertrennung zu berufen.

 Urteil vom 11. Februar 2004 – XII ZR 265/02

 Karlsruhe, den 11. Februar 2004

Bundesgerichtshof zu den Folgen einer unwirksamen Eheschließung

Der Kläger, damals griechischer Staatsangehöriger, ging 1962 vor einem griechisch-orthodoxen Geistlichen in Hannover die Ehe mit einer Griechin ein. Der Geistliche wurde erst 1964 gegenüber der deutschen Regierung zu Eheschließungen in Deutschland ermächtigt. 1989 trennte sich der Kläger – inzwischen Arzt und deutscher Staatsangehöriger – von der Frau. Er beauftragte den jetzt verklagten Rechtsanwalt mit seiner Interessenwahrnehmung dieser gegenüber. Der Beklagte erwirkte für den Kläger in Deutschland ein Scheidungsurteil, mit dem zugleich der Versorgungsausgleich zu Lasten des Klägers angeordnet wurde; ferner vereinbarten die Geschiedenen Unterhaltszahlungen des Klägers an die Frau, die inzwischen neben der griechischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Später wurde erkannt, daß die 1962 geschlossene Ehe nicht mit den deutschen Vorschriften über dieEheschließung von Ausländern in Deutschland (§ 15a EheG alte Fassung) im Einklang stand. Der Kläger ist der Ansicht, daß er bei richtiger Beratung durch den Beklagten seiner Schein-Ehefrau nichts hätte zahlen müssen. Er verlangt vom Beklagten Schadensersatz in Höhe aller geleisteten und zukünftig zu leistenden Unterhaltszahlungen sowie des Versorgungsausgleichs.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Erstattung des von dem Kläger an seine Schein-Ehefrau geleisteten Versorgungsausgleichs (29.423,30 DM und monatlich 1.751,69 DM seit 1. Dezember 1998) verurteilt, dagegen die auf Ersatz des Unterhaltsschadens gerichtete Klage abgewiesen.

Der für das Recht der Anwaltshaftung zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat den Beklagten weitergehend auch zum Ersatz von Unterhaltsschaden (82.715,11 € zunächst bis zum 31. Januar 1999) verurteilt. Er ist davon ausgegangen, daß die allein vor einem Geistlichen geschlossene Ehe nach § 15a Abs. 1 des früheren Ehegesetzes wegen Verstoßes gegen den in Deutschland geltenden Grundsatz der obligatorischen Zivilehe unwirksam war. Danach kam und kommt in Deutschland eine wirksame Ehe nicht ohne Mitwirkung eines Standesbeamten zustande. Zwar kann es inzwischen nach näherer Maßgabe des § 1310 Abs. 3 BGB schon genügen, wenn ein Standesbeamter eine Ehe in das Heirats-, Familien- oder Geburtenbuch eingetragen oder den Ehegatten eine Bescheinigung über eine familienrechtliche Erklärung erteilt hat, die zu ihrer Wirksamkeit eine bestehende Ehe voraussetzt. Ohne eine solche staatliche Mitwirkung kann aber die allein vor einem nicht förmlich ermächtigten Geistlichen in Deutschland geschlossene Ehe nicht lediglich durch ein Zusammenleben der Verheirateten als Ehegatten geheilt werden.

Der verklagte Rechtsanwalt wußte, daß der Kläger die Ehe 1962 vor einem griechischen Geistlichen in Deutschland geschlossen hatte. Aus den verfügbaren Erläuterungsbüchern hätte er entnehmen können, daß die deutsche Regierung Ermächtigungen zu derartigen Eheschließungen erst vom Jahre 1964 an entgegennahm und daß der Bundesgerichtshof in einer früheren Entscheidung (BGHZ 43, 213, 222 ff) dieser Ermächtigung keine Rückwirkung beigemessen, sondern die früher geschlossenen Ehen als Nichtehen behandelt hatte. Eine solche Nichtehe verpflichtet nach deutschem Recht weder zu Unterhaltszahlungen noch zur Übertragung von Versorgungsausgleich an den bloßen Schein-Ehegatten. Nach griechischem Recht war sie allerdings wirksam, weil dieses allgemein dieEheschließung vor einem griechisch-orthodoxen Geistlichen als rechtswirksam ansah.

Aufgrund dieser Rechtslage hätte der verklagte Rechtsanwalt dem Kläger raten müssen, gegen seine ebenfalls in Deutschland ansässige Schein-Ehefrau keine Scheidungsklage zu erheben, sondern eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe. Durch den falschen Rat hat er es verschuldet, daß der Kläger inzwischen rechtsbeständig zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet ist und daß seine Versorgungsbezüge infolge des übertragenen Versorgungsausgleichs verringert sind. An der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz dieses Schadens ändert es nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nichts, daß auch der beim zuständigen Amtsgericht tätige Familienrichter die Unwirksamkeit der Ehe hätte bemerken und die Ehescheidungsklage hätte abweisen müssen. In derartigen Fällen mitwirkender Schadensverursachung haben nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln die mehreren Schädiger gemeinsam den angerichteten Schaden zu ersetzen; sie können dann im Innenverhältnis einen Ausgleich nach Maßgabe ihres Mitverschuldens suchen (§§ 426, 254 BGB). Allerdings schließt § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Schadensersatzverpflichtung wegen eines fehlerhaften Urteils in einer Rechtssache allgemein aus, sofern die Pflichtverletzung nicht in einer Straftat besteht; letzteres war hier nicht der Fall. Der Umstand, daß der Staat selbst keine Haftung für fehlerhafte Urteile übernimmt, kann aber nicht dazu führen, daß der durch seinen Rechtsanwalt fehlerhaft beratene Rechtssuchende wegen seines Schadens regelmäßig völlig leer ausgeht, also trotz der Mitwirkung zweier schädigender Organe der Rechtspflege von niemandem Ersatz seines Schadens erlangen kann. Der fehlerhaft beratende Rechtsanwalt, auf dessen Rat der Mandant vertraut hat, könnte allenfalls dann von seinem Verursachungsbeitrag rechtlich freigestellt werden, wenn derjenige des fehlerhaft entscheidenden Gerichts eindeutig schwerer wöge. Davon war hier um so weniger auszugehen, als der deutsche Zivilprozeß dem Grundsatz der Parteiherrschaft unterliegt, also die Parteien selbst mit ihren Anträgen das rechtliche Ziel bestimmen, das sie erreichen wollen.

Urteil vom 13. März 2003 – IX ZR 181/99

Karlsruhe, den 14. März 2003

Pressestelle des Bundesgerichtshofs